Der erforderliche Anschnittquerschnitt für ein Gussteil, welches durch Gießen mit Schwerkraft hergestellt wird, kann nach den Gesetzen der Hydromechanik berechnet werden. Simulationsprogramme für Formfüllung und Erstarrungsverlauf helfen dabei die Anschnittberechnungen zu optimieren. Für Sand- und Kokillenguss ist die Strömungsgeschwindigkeit im Anschnitt nach der Torricelli’schen Gleichung, einem Sonderfall der Bernoullischen Gleichung berechenbar:

Hierin bedeuten:
va - Strömungsgeschwindigkeit im Anschnitt (cm/s)
ξ - Strömungsverlustfaktor (abhängig von der Gießweise)
g - Fallbeschleunigung (981 cm/s2)
h - wirksame Gießhöhe (cm), entspricht der Höhe der Metallsäule (cm)
Alle gießtechnischen Berechnungen beruhen auf dieser Gleichung, die einen Zusammenhang zwischen metallostatischer Druckhöhe und Ausfließgeschwindigkeit herstellt. Der Anschnittquerschnitt für ein bestimmtes Gesamtgießgewicht G ist dann:

mit
SA - Anschnittquerschnitt (cm2)
G - Gesamtgießgewicht (kg)
ρ - Dichte des Gießwerkstoffes (kg/cm3)
t - Gießzeit (s)
n - Zahl der Anschnitte
Die Formel zur Berechnung der Anschnitte leitet sich wie folgt daraus ab:

Der Strömungsverlustfaktor ξ ist < 1 und berücksichtigt die strömungsbedingten Geschwindigkeits- oder auch Energieverluste des flüssigen Metalls je nach Gießweise, Richtungsänderungen, Gießtemperatur und Masse des Gussteils.
Für ξ werden betriebliche Erfahrungswerte angesetzt: beispielsweise kann für fallende, also relativ verlustarme Gießweise der Strömungsverlustfaktor im Bereich 0,75 bis 0,9 liegen, aber für steigende Formfüllung mit anspruchsvoller Gestaltung des Eingusssystems im Bereich 0,4 bis 0,5.
Auch die Gießzeit t in s, welche sich aus dem Verhältnis von Gießgewicht zu Gießleistung (Massestrom pro Zeiteinheit) ergibt, wird entsprechend verfahrens- und anlagenbezogener Erfahrungswerte angesetzt. Sie folgt der Bedingung, dass die Schmelze während des Gießens nicht vorzeitig erstarren darf. So nehmen das angewandte Formverfahren, das Gießmetall, die Temperaturverhältnisse, die Gussstückgestalt, der Modul und die Wanddickenverhältnisse Einfluss auf die jeweils zu bemessende Gießzeit. Diese kann im Rahmen der Produktionsvorbereitung durch Simulationsprogramme überprüft und optimiert werden.
Für Druckguss gilt nach der Kontinuitätsgleichung, dass der Volumenstrom des flüssigen Metalls im Anschnitt gleich dem Produkt aus dem Anschnittquerschnitt SA und der Strömungsgeschwindigkeit va des flüssigen Metalls im Anschnitt sein muss. Somit entspricht der Anschnittquerschnitt folgender Beziehung:

Hierin bedeuten:
SA - Anschnittquerschnitt (cm2)
V - Gussstückvolumen (cm3)
va - Geschwindigkeit im Anschnitt (cm/s)
t - Gießzeit (reine Formfüllzeit in s)
Die für ein Gussteil durchzuführende Anschnittberechnung ist neben den umfangreichen betrieblichen Erfahrungswerten auch abhängig von den Angaben des Herstellers zu den Betriebsbedingungen der eingesetzen Druckgießmaschine.
Die Formfüllzeit als reine Gießzeit ist ihrerseits auch gebunden an den kleinsten, flächenförmigen Wanddickenbereich des Gusssteiles, welcher eine hohe Strömungsgeschwindigkeit erfordert, um ein vorzeitiges Erstarren in diesen Bereichen zu verhindern.
Die Strömungsgeschwindigkeit bestimmt deshalb maßgeblich die Anschnittdimensionierung. Sie hat Einfluss auf die Qualität der Formfüllung und des Gussstückes hinsichtlich Porosität und die Standzeit des Druckgießwerkzeuges. Entscheidenden Einfluss haben dabei die Eigenschaften der jeweils eingesetzten Legierung (Tabelle). Die Auswahl einer geeigneten Strömungsgeschwindigkeit wird durch vielfältige experimentelle Untersuchungen unterstützt und bei Vorliegen von ausreichendem Datenmaterial kann rechnerische Simulation zur Optimierung der Anschnittberechnung und Anschnittdimensionierung beitragen.