austenitisches Gusseisen

Metallurgie

Werkstoff mit austenitischer Gefügegrundmasse und Lamellen- oder Kugelgraphit. Austenitische Gusseisen gehören zu den hochlegierten Gusseisensorten.

Die Bildung von Austenit erfolgt durch die Wirkung der Legierungselemente Nickel, Mangan, Chrom und teilweise Kupfer, welche die eutektoide Zerfallstemperatur des Austenits in den Bereich unterhalb der Raumtemperatur senken. Werkstoffe mit Nickelgehalten von 15 bis 36 % werden auch unter der Bezeichnung Ni-Resist geführt.

Die Eigenschaften und Anwendungsgebiete der austenitischen Gusseisen sind in den Tabellen 1 und 2 gegenübergestellt.

Auf die Einstellung der Kohlenstoff- und Siliziumgehalte ist zu achten, so dass eine Grauerstarrung auch in dünnen Querschnitten gesichert wird. Für sehr dünnwandige Gussstücke wählt man den Siliziumgehalt nahe an der oberen Grenze und für sehr dickwandige Gussstücke nahe an der unteren Grenze der Analysenvorgaben. Die Siliziumgehalte sind wegen des austenitischen Grundgefüges weniger kritisch. Der Kohlenstoffgehalt des Eutektikums, der im unlegierten Eisen bekanntlich 4,3 % beträgt, wird mit steigenden Nickel- und Siliziumgehalten zu kleineren Werten verschoben (Bild 1). Der Phosphorgehalt soll normalerweise 0,08 % nicht überschreiten. Um im austenitischen Gusseisen mit Kugelgraphit eine knotenförmige Entartung des Graphits zu vermeiden, sollte die chemische Zusammensetzung folgender Bedingung entsprechen:
C + 0,2(%Si) + 0,06(%Ni) < 4,4

Die Bilder 2 und 3 zeigen das Gefüge von austenitischen Gusseisen mit Kugelgraphit. Mit steigenden Chromgehalten wird zunehmend Carbid ausgeschieden, doch kann das Verhältnis zwischen Graphit- und Carbidanteil bei der Gussherstellung recht unterschiedlich sein.

Bild 1: Einfluss des Nickel- und Siliziumgehaltes auf den Kohlenstoffgehalt des Eutektikums im austenitischen Gusseisen (nach R. D. Schelleng)© GIESSEREI LEXIKON
Bild 2: Gefüge von austenitischem Gusseisen mit Kugelgraphit (EN-GLSA-XNiCr20-2, V=100 : 1)© GIESSEREI LEXIKON
Bild 3: Gefüge von austenitischen Gusseisen 
mit Kugelgraphit (EN-GLSA-XNiSiCr30-5-5, V=100 : 1)© GIESSEREI LEXIKON

Zur Erzielung eines unmagnetischen Verhaltens ist die Einhaltung einer bestimmten Zusammensetzung erforderlich, denn das Gusseisen darf hierfür nur sehr niedrige magnetische Permeabilität (möglichst < 4 mH/m besser noch < 2 mH/m) aufweisen. Hierfür werden hohe Nickelgehalte von 14 bis 22 % allein oder gemeinsam mit Kupfer beziehungsweise Kupfer + Chrom, auch nickel-manganlegierte austenitische Gusseisen und solche mit zusätzlichen Kupfergehalten sowie vor allem mangan-kupferlegierte Sorten verwendet. Um Weißerstarrung zu vermeiden, ist auf ausreichende Impfung zu achten. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass auch ferritische, aluminiumlegierte Sondergusseisen als nichtmagnetisierbare Werkstoffe Verwendung finden.

Da sich austenitisches Gusseisen beim Erhitzen und Abkühlen nicht umwandelt, ist auch ein Härten und Vergüten wie bei anderen Gusswerkstoffen nicht möglich. Dennoch lassen sich durch eine Wärmebehandlung die Eigenschaften in gewissem Maße beeinflussen. Spannungsarmglühen und Weichglühen zur Verteilung der Carbide und zur Verringerung der Härte sind Stand der Technik. Sind Gus steile aus austenitischem Gusseisen mit Kugelgraphit periodisch Betriebstemperaturen von mehr als 480 °C ausgesetzt, empfiehlt es sich, die Gussteile durch eine Wärmebehandlung gegen Verziehen während des Betriebes zu stabilisieren. Geeignet ist eine Wärmebehandlung von 2 Stunden bei 870 °C mit anschließender Ofenabkühlung bis auf 540 °C, der eine gleichmäßige Luftabkühlung folgt. Hohe Maßbeständigkeit, die beispielsweise für wissenschaftliche Geräte und Präzisionsmaschinen erforderlich ist, kann durch folgende Wärmebehandlung erreicht werden: Bei 870 °C, 2 Stunden zuzüglich 1 Stunde je 25 mm Wanddicke halten, anschließend 50 K/Stunde im Ofen auf 540 °C abkühlen, dort je 25 mm Wanddicke 1 Stunde halten, um anschließend gleichmäßig bis auf Raumtemperatur abzukühlen. Das Bauteil wird jetzt vorbearbeitet und nochmals auf ca. 460 °C erwärmt, 1 Stunde je 25 mm Wanddicke bei dieser Temperatur gehalten und dann langsam und gleichmäßig abgekühlt und fertigbearbeitet. Letztlich ist nochmals auf 260–300 °C zu erwärmen und langsam abzukühlen. Dadurch werden sämtliche Bearbeitungsspannungen beseitigt, und es wird höchste Maßbeständigkeit am fertigen Bauteil erreicht.

Bei austenitischem Gusseisen mit Kugelgraphit wird die Festigkeit bei gleichzeitigem, geringem Härteanstieg erhöht, wenn man die Gussteile von 930 bis 1000 °C in Öl oder Wasser abschreckt, weil bei diesen Glühtemperaturen weiterer Kohlenstoff im Austenit gelöst und beim Abschrecken in Lösung gehalten wird. Da es dabei keine Umwandlung gibt, treten auch keine Umwandlungsspannungen auf, so dass eine Rissbildung nicht zu befürchten ist.