Eisen-Kohlenstoff- Legierung mit besonderer Ausbildung des Graphits. Die wurmförmige Graphitausbildung wird als Vermiculargraphit bezeichnet, eine Graphitform, die zwischen jener des Lamellengraphits und jener des Kugelgraphits liegt (Bilder 1 bis 3). Vermiculargraphit kann unerwünschter Weise bei der Herstellung von Gusseisen mit Kugelgraphit auftreten, wenn die Magnesiumbehandlung nicht ausreicht (zu wenig kugelgraphitbildende Zusätze) oder das behandelte Eisen vor dem Gießen zu lange absteht (Abklingen der Behandlungswirkung).
Dennoch ist Gusseisen mit Vermiculargraphit (GJV) auch ein interessanter Werkstoff, der gezielt erzeugt wird. Er bietet eine Kombination von Festigkeitseigenschaften, die höher sind als bei Gusseisen mit Lamellengraphit, mit nur wenig niedrigerer Wärmeleitfähigkeit gegenüber dem Gusseisen mit Lamellengraphit. Im Vergleich zum Gusseisen mit Kugelgraphit ist das Festigkeitsniveau geringer, jedoch die Wärmeleitfähigkeit höher. Die Werkstoffsorten sind in der europäischen Norm EN 16079 (DIN EN 16079) genormt.
Gusseisen mit Vermiculargraphit eignet sich daher für mthermisch beanspruchte, insbesondere temperaturwechselbeanspruchte Gussstücke, wie Stahlwerkskokillen, Zylinderblöcke, Zylinderköpfe und Teile für Fahrzeugbremsen. Der Werkstoff neigt weniger zur Lunkerung als Gusseisen mit Kugelgraphit und erlaubt daher die Anwendung einer ähnlichen Gießtechnik wie bei Gusseisen mit Lamellengraphit. Zur Herstellung können billigere Einsatzstoffe wie auch Stahlschrott zum Einsatz kommen. Als Störelemente sind hauptsächlich die Schwefel- und Sauerstoffgehalte besonders zu beachten.
Unlegiertes Gusseisen mit Vermiculargraphit hat im Gusszustand überwiegend ferritisches Grundgefüge (Bild 3) und erreicht Zugfestigkeitswerte von 320 bis 380 N/mm2, 0,2 %-Dehngrenze von 260 bis 300 N/mm2, Dehnungen von 3 bis 8 % und Härtewerte von 135 bis 170 HB. Aufgrund der vermicularen Graphitausbildung hängen die Eigenschaften, ähnlich wie bei Gusseisen mit Kugelgraphit, weniger von der Basiszusammensetzung und vom Kohlenstoff, als vom Ferrit/Perlit-Verhältnis im Grundgefüge und vom Anteil an begleitendem Kugelgraphit ab. Angestrebt wird im Gefüge ein Mindestanteil von 80 bis 90 % Vermiculargraphit, Rest Kugelgraphit (Bild 3).
Die Herstellung von Gusseisen mit Vermiculargraphit ist zum Teil patentrechtlich geschützt. Sie beruht im Prinzip darauf, dass das flüssige Eisen entweder mit einem kugelgraphitbildenden Zusatz behandelt wird, und zwar in einer Dosierung, die zur vollständigen Kugelgraphitbildung nicht ausreicht, oder dass dem Eisen bei der Magnesiumbehandlung ein die Kugelgraphitbildung hemmender Zusatz, zum Beispiel Titan, zugegeben wird. Am einfachsten gelingt die Herstellung von Gusseisen mit Vermiculargraphit durch die bloße Zugabe von Seltenerdmetallen (in Form von Mischmetall), die in geeigneter Weise je nach Schwefel- und Sauerstoffgehalt des Eisens zu bemessen ist.


