Kantenhärte

Gussstücke

Gussfehler, der bei allen grau erstarrenden Gusseisenlegierungen, also Gusseisen mit Lamellen-, Kugel- oder Vermiculargraphit, unabhängig vom Form- und Gießverfahren vorkommen kann. Bereits im Bruchgefüge ist Kantenhärte beziehungsweise Weißeinstrahlung mit freiem Auge sichtbar, am metallographischen Schliff sind dann ledeburitische Carbide deutlich erkennbar. Das Gefüge zeigt in diesen Bereichen Weißerstarrung beziehungsweise Weißeinstrahlung, welche dann in stärkeren Wanddickenbereichen wieder allmählich in normales graues Gefüge übergeht. Diese weißerstarrten Bereiche zeichnen sich durch eine hohe Härte gegenüber dem Grundgefüge aus und weisen demzufolge schlechte Bearbeitbarkeit auf, wodurch das Gussstück Ausschuss werden kann.

Aus dem Eisen-Kohlenstoff-Diagramm geht hervor, dass die eutektische Temperatur des stabilen Systems über der Temperatur des metastabilen Systems liegt. Wenn eine Gusseisenschmelze nun sehr schnell abkühlt oder ein schlechter Keimhaushalt der Schmelze vorliegt (zum Beispiel durch zu hohe oder zu lange Überhitzung), kann es vorkommen, dass die Kristallisation erst bei starker Unterkühlung, das heißt unterhalb der Temperatur des metastabilen Systems, beginnt. Durch die bei der eutektischen Reaktion freiwerdende Schmelzwärme kann die Temperatur wieder über die der metastabilen eutektischen Temperatur steigen, und die Erstarrung endet im grauen Bereich (Bild).

Die Weißeinstrahlung wird hier somit zu Beginn der eutektischen Erstarrung erzeugt, im Gegensatz zur Bildung von Korngrenzencarbiden; hier erfolgen die Weißerstarrung und Carbidbildung beim Erstarrungsende. Mit abnehmendem Sättigungsgrad und zunehmender Abkühlungsgeschwindigkeit wächst die Neigung des Gusseisens zur Weißeinstrahlung. Daraus ergibt sich, dass der Sättigungsgrad des Gusseisens der Wanddicke des Gussstückes angepasst werden muss.

Die Gefahr der Weißeinstrahlung ist bei den Gießverfahren am größten, bei denen die Wärme schnell abgeführt werden kann, wie beim Kokillengießverfahren. Die hier infolge der schnellen Abkühlung sehr fein ausgebildeten Zementitbestandteile heben sich durch ihre scharfe Abgrenzung von dem umgebenden Gefüge deutlich ab.

Die Neigung zur Weißeinstrahlung wird durch carbidstabilisierende Elemente wie beispielsweise Chrom, Titan, Vanadium usw. verstärkt. Meist ist die Ursache des Fehlers in einem unzureichenden Keimhaushalt der Schmelze zu suchen, der durch eine optimale Impfung verbessert werden kann.