Additive Fertigung: günstiger, schneller, besser?

Allheilmittel 3D-Druck im Überblick

GIFA
Seit rund zehn Jahren gewinnt die Additive Fertigung im industriellen Sektor an Bedeutung. Aus einst kleinen kartesischen Druckern entwickelten sich Sinter-Verfahren, neue FDM-Technologien und Drucker in der Größe ganzer Lagerhallen. Inzwischen wird die Technologie in vielen Branchen als eine Art Allheilmittel angesehen - das wird die Technologie aber noch für einige Zeit nicht sein. Eine aktuelle Bestandsaufnahme.

Verfahren für jedes Material  Aus 3D-Druckern kamen zu Beginn der Forschung nur Kunststoff-Teile. Das "Fused Deposition Modeling" (Schmelzschichten) erlaubte das Auftragen von einzelnen Schichten verschiedener Plasten, etwa ABS, PLA oder PET. Dieselben Drucker können mit speziellen Druckdüsen inzwischen Filamente aller Art, etwa mit Holzfasern oder gummiartig versetztes Material, drucken. Sogar abrasives Material mit Kohlefaser-Zusatz ist inzwischen druckbar.  SLA-Drucker nutzen kein Filament, sondern setzen auf eine spezielle Flüssigkeit (Resin), die bei Belichtung durch einen speziellen Laser aushärtet. Durch die sehr genaue Fokussierung des Lichtstrahls sind im SLA-Verfahren hergestellte Objekte in der Regel genauer gedruckt. Die DLP-Technologie funktioniert im Prinzip ähnlich: Auch hier kommt ein Resin zum Einsatz. Als Lichtquelle wird jedoch ein DLP-Projektor genutzt, der quasi einzelne Pixel belichtet. Die Genauigkeit des erstellten Modells hängt also mit der Auflösung des DLP-Projektors ab.  Das im professionellen Bereich besonders erfolgreiche SLS-Verfahren (Selektives Laser-Sintern) verarbeitet verschiedene Metalle und Keramiken. Anstatt einer Flüssigkeit oder Filamenten wird das Material des Ausgangsproduktes in Pulverform verarbeitet. Ein Laser schmilzt den Rohstoff und formt ihn so.  Mit allen verschiedenen Methoden lassen sich die gängigsten Werkstoffe drucken. Von einfachen Kunststoff-Teilen über Metallstrukturen bis zu Produkten für die Raumfahrt lässt sich eine große Vielzahl an Objekten erstellen. Inzwischen haben additiv gefertigte Werkstoffe häufig die Prototyping-Phase überschritten und werden in der echten Welt genutzt. Auch Fräs- oder Zerspanungstechnik wird zum Teil durch Drucke obsolet. Anstatt große Blöcke aus Metall zu bearbeiten und große Mengen an Spänen abführen zu müssen, setzten additive Techniken nur so viel Material ein, wie auch wirklich benötigt wird. Das spart Rohstoffe und Energie.

Projekt mit großer Tragweite

Eines der bekanntesten Projekte der letzten Monate ist eine gedruckte Brücke in Amsterdam: Vier SLS-Drucker fertigten völlig autonom das rund 12 Meter überspannende Konstrukt. Mehr als 4,5 Tonnen Material wurden bei dem Experiment verarbeitet; der Bau dauerte sechs Monate. Ursprünglich sollte die Brücke publikumswirksam direkt am Wasser hergestellt werden, aufgrund technischer Schwierigkeiten wurde das Konstrukt aber in einer großen Halle gefertigt. 

Das Vorhaben zeigt, in welche Richtung die additive Fertigung geht: Zusätzlich zum Einsatz für Rapid Prototyping werden auch große Objekte von Robotern statt Menschen produziert. Damit verliert die Technologie den Ruf, nur kleinste Elemente drucken zu können. Der Bauraum ändert sich durch vielfältige, bewegliche Roboter von einem kubischen Bauraum auf ein quasi unbegrenzt großes Areal - zumindest, wenn Stromversorgung und Materialnachschub stehen.

Dubai als 3D-Druck-Hauptstadt

Neben der Verarbeitung von Metallen sind Drucker auch geeignet, größere Strukturen aus Beton zu formen. In einigen Ländern wird mit additiv hergestellten Unterbringungen experimentiert, die im Gegensatz zu vergleichbaren Behausungen deutlich kostengünstiger und stabiler sind. 

Besonders hervortun möchte sich Dubai: In den Vereinigten Arabischen Emiraten werden Häuser vergleichsweise oft im Druckverfahren hergestellt. Die reiche Stadt möchte das Herstellungsverfahren weiter fördern und 25 Prozent im 3D-Druck-Verfahren errichten. Die Konstruktionskosten sollen so um rund 70 Prozent sinken, die Konstruktion benötigt nur ein Fünftel der Zeit. 

Für den Bau solch komplexer Strukturen sind hochautomatisierte Roboter vonnöten, die sich im Raum möglichst flexibel bewegen können. Die Entwicklung schreitet täglich voran: Nach kubischen Druckern kamen Roboterarme wie bei der ersten gedruckten Brücke zum Einsatz, erste Technologien versprechen autonome Systeme auf Rädern respektive Ketten. 

3D-Druck ist und bleibt speziell 

Bei allen Vorteilen: Der 3D-Druck ist kein völliger Ersatz zu gewöhnlichen Verfahren. Spritzguss-Prozesse werden auch in der Zukunft ihre Daseinsberechtigung haben, vor allem in der Massenfertigung. Zwar ist die Produktion der Gussform teuer. Ab einer höheren Stückzahl ist es allerdings sowohl zeitlich als auch finanziell sinnvoller, auf das altbewährte Verfahren zu setzen.

Auch bei größeren Projekten ist noch einiges an Arbeit zu tun, bevor der 3D-Druck gewöhnliche Konstruktionen ersetzen kann. Nur hochspezialisierte Firmen sind in der Lage, Gebäude zu drucken. Neben der Hardware wird besondere Software benötigt, die noch Kinderkrankheiten zu bewältigen hat. Auch in Sachen Statik sind konventionelle Verfahren bislang überlegen. Stahlbeton zu drucken, ist technisch (noch) nicht möglich.

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