Vielversprechend ist die wasserstoffbasierte Direktreduktion von Eisenerz, jedoch stehen die Forscher vor einer großen Herausforderung: Um den gesamten Stahlherstellungsprozess klimafreundlich zu gestalten, sollten sowohl die verwendete Energie als auch der Wasserstoff selbst auf nachhaltige Weise erzeugt werden.
Auf dem Markt gibt es aber nicht genügend grünen Wasserstoff und die derzeitigen Verfahren zur Speicherung und Transport erfordern – aufgrund der geringen volumetrischen Energiedichte von Wasserstoff – hohe Drücke und niedrige Temperaturen, die sowohl energetisch als auch wirtschaftlich kostspielig sind. Im Gegensatz dazu wird Ammoniak bereits weltweit mit einer etablierten Logistik gehandelt und ist als hervorragender Wasserstoffträger mit geringen Verflüssigungskosten bekannt.
Forscher des Max-Planck-Instituts für Eisenforschung (MPIE) um Gruppenleiter Dr.-Ing. Yan Ma zeigen nun, dass Ammoniak nicht nur für den Transport von Wasserstoff, sondern auch für die direkte Reduktion von Eisen verwendet werden kann.
Sie verglichen das mit der ammoniakbasierten Direktreduktion erzeugte Eisen und den Stahl mit der wasserstoffbasierten Direktreduktion, analysierten die Eigenschaften des neuartigen Verfahrens und die Kosten und veröffentlichten ihre Ergebnisse in der Zeitschrift Advanced Science.
"Unser Ziel war es, zu untersuchen, ob Ammoniak direkt zur Reduktion von Eisenerzen verwendet werden kann, ohne es in Wasserstoff und Stickstoff zu spalten. Durch den Verzicht auf diesen Crackprozess können die Gesamtkosten um 18 % gesenkt werden. Außerdem haben wir untersucht, wie Ammoniak als Reduktionsmittel die Eigenschaften des reduzierten Eisens beeinflusst", erklärt Dr. Yan Ma, Gruppenleiter am MPIE und Erstautor der Veröffentlichung.

Die Wissenschaftler setzten Ammoniak in einem Reaktor im Labormaßstab ein, in dem Eisenerze zu sogenanntem Eisenschwamm reduziert werden. "Die Direktreduktion mit Ammoniak verläuft durch eine autokatalytische Reaktion. Wir haben ihre Kinetik mit der direkten Reduktion auf Wasserstoffbasis verglichen. Beide haben ähnliche Eigenschaften und ergeben den gleichen Metallisierungsgrad. Im Gegensatz zur wasserstoffbasierten Reduktion bilden sich beim Abkühlen in Ammoniak Nitride, die den Eisenschwamm vor Korrosion schützen und seine Handhabung erleichtern könnten", erklärt Ma.
Die Nitridphase kann beim anschließenden Schmelzvorgang, der für die Weiterverarbeitung notwendig ist, vollständig aufgelöst und entfernt werden. Außerdem kann das andere Produkt der Ammoniakzersetzung, der Stickstoff, als Wärmeträger in einem Schachtofen eingesetzt werden, um die Reaktionstemperatur aufrechtzuerhalten und die Effizienz bei der Reduktion von Eisenerzen zu erhöhen.

Das macht Ammoniak zu einem brauchbaren Kandidaten, um die Unzulänglichkeiten von Wasserstoff zu überwinden. Die ammoniakbasierte Direktreduktion verbindet zwei der CO2-intensivsten Industrien, die Stahl- und die Ammoniakproduktion, und ebnet den gemeinsamen Weg zu einem nachhaltigen Übergang. Darüber hinaus werden durch die Verwendung von Ammoniak die logistischen und energetischen Nachteile von Wasserstoff überwunden und bereits bestehende Ofentechnologien, nämlich Schacht- und Elektrolichtbogenöfen, können mit nur geringen Modifikationen verwendet werden.
In einem nächsten Schritt wird das Max-Planck-Team verschiedene Prozessparameter wie Temperatur oder Gasgemisch testen, um den ammoniakbasierten Reduktionsprozess für eine breite industrielle Anwendung anwendbar zu machen.
Die vollständige Studie (Open Access):
Ma, Y. et al., Reducing Iron Oxide with Ammonia: A Sustainable Path to Green Steel. Advanced Science (2023), 2300111. https://doi.org/10.1002/advs.202300111