Das Unternehmen Grunewald hatte sich vor der Entscheidung in den 3D-Sanddruck zu investieren, intensiver mit der Druckertechnologie und insbesondere der Wahl eines geeigneten Bindersystems befasst. Die Recherche führte das Team nach Japan und Schweden und schließlich zu der Erkenntnis, dass ein kalthärtendes Phenolharz-System das Binderssystem der Wahl ist. Ulrich Grunewald, Geschäftsführer der Firma Grunewald GmbH&Co.KG, berichtet im Interview über das Potenzial des neuen Verfahrens und die wertvollen Erfahrungen, die Grunewald mit der neuen Technologie im ersten Jahr gemacht hat.
Das Thema 3D-Sanddruck wird in der Gießereibranche viel diskutiert. Sie haben sich bereits entschlossen, die neue Technologie in Ihr Portfolio aufzunehmen. Warum?
Ulrich Grunewald: Wir beschäftigen uns in unserer Firma seit 25 Jahren mit dem 3D-Druck. Begonnen haben wir mit Kunststoff- und Polystyrol-Modellen. Auch gedruckte Sandformen- und -kerne setzten wir schon lange ein. Die mussten wir in der Vergangenheit allerdings zukaufen. Neuer Wind kam in die Sache, als einer der führenden Druckerhersteller begann, auf die
Bedürfnisse von Gießereien abgestimmte Lösungen zu bieten. Das war der Zeitpunkt, zu dem wir beschlossen haben, dass ein eigener 3D-Sanddruck unser Portfolio gut ergänzen
würde.
Welche Zielgruppe adressieren Sie mit der neuen Technologie?
Das Geschäft mit den Polystyrol-Modellen war nicht mehr zeitgemäß. Es handelte sich um eine Einzelteilfertigung mit relativ langen Durchlaufzeiten in unserer Fertigung. Wir konnten die Kunden, die wir mit den Polystyrol-Produkten bedient hatten, leider nicht mehr adäquat mit dieser Technologie bedienen. Dennoch wussten wir, dass ein Bedarf existent war. Mit der 3D-Sandtechnologie bot sich dann auch die Möglichkeit diesen wieder zu bedienen. So haben wir beispielsweise einen namhaften Motorenhersteller als Kunden wiedergewinnen können. Wir fertigen für diesen Kunden Kleinserien an Aluminium- und Eisenbauteilen. Die Zielgruppe, die wir mit der Technologie ansprechen, fragt meist Einzelteile und Kleinserien von 1 bis 50 Teilen nach – auch mal 1.500 Stück, aber in der Regel sprechen wir von Losgrößen um die 10 bis
50 Teile.

Wie erklären Sie sich das?
Dank des 3D-Sanddruck-Verfahrens können wir einen Prozess anbieten, der schnell ist und qualitativ hochwertige Produkte erzeugt. Die Kunden schicken uns ihre Daten, und wir liefern innerhalb weniger Tage die gewünschten Ergebnisse. Das ist ein enormer Fortschritt. Denn damit verkürzen unsere Auftraggeber ihre Time-to-Market beträchtlich. Das ist gerade für die
Technologiebranche entscheidend. Vergessen darf man natürlich auch nicht, dass die Fertigungskosten für Werkzeuge wegfallen.
Wie gehen Sie bei Kundenprojekten vor – entwickeln Sie diese gemeinsam?
Unsere Kunden stellen uns Bauteile vor, die sie umsetzen möchten und wir konstruieren die Kerne und Sandformen möglichst wirtschaftlich. Was immer häufiger passiert ist, dass die Kunden unser Know-how vor allem dann anfragen, wenn der konventionelle Prozess an seine Grenzen stößt. Zum Beispiel, wenn die Innengeometrie des Bauteils Bereiche aufweist, die zu komplex sind. Hier drucken wir die Kerne, die dann nachher in die Form, als Kern, gesetzt werden. Basierend auf unserem Know-how unterstützen wir unsere Kunden dabei, ihre Pläne möglichst effizient umzusetzen. Das ist im Interesse eines guten Ergebnisses in manchen Fällen mit konstruktiven Änderungen verbunden. Die wir aber auch nur so umsetzen können, da wir das Know-how und die Erfahrung im Haus haben. Mit einem externen Partner, der die Kerne drucken würde, wäre das so nicht möglich, da Kommunikation und Agilität wahrscheinlich so niemals gegeben wären.
Wie viel Personal beschäftigen Sie derzeit im Bereich 3D-Druck?
Derzeit ist unser Drucker fünf Tage pro Woche in Betrieb. Wir beschäftigen zwei Konstrukteure, die entsprechend qualifiziert und spezialisiert sind. Hinzu kommen die
Maschinenbediener, die weitere Unterstützungsarbeiten leisten. Mittlerweile haben wir auch einen Auszubildenden zum Gießereimechaniker, der großes Interesse an dem Thema hat und bereits tatkräftig das Team 3D unterstützt.
Welche Erfahrungen haben Sie bislang bei der Anwendung der Technologie gemacht?
Wir lernen immer noch dazu. Im laufenden Betrieb werden wir mit immer neuen Fragestellungen konfrontiert, die wir in der Planungsphase nicht auf dem Schirm hatten. Wichtig ist, dass man sehr genau arbeitet und alle Prozesse im Umfeld sorgfältig aufeinander abstimmt. Das fängt damit an, dass man über die Sandversorgung gut nachdenken sollte. Es gibt Firmen, die arbeiten mit Big Bags und füllen diese dann um. Wir haben uns dazu entscheiden ein Silo zu installieren. Das ist einfach wirtschaftlicher und vor allem sauberer – ein wichtiger Aspekt beim 3D-Druck. Auch deshalb haben wir den Drucker getrennt von den anderen Anlagen in einem eigenen Raum installiert, dessen Luftfeuchtigkeit und Temperatur
wir überwachen und steuern. Außerdem kommt die Maschine nicht in Kontakt mit den Stäuben oder Emissionen aus dem konventionellen Gießereibetrieb.
Unser Personal hatte durch unsere vorhergehende langjährige Erfahrung mit dem 3D-Druck bereits viel Vorwissen und ist für den Sanddruck speziell weiterqualifiziert worden. Aber im Betriebsalltag stellen sich den Konstrukteuren immer wieder neue Aufgaben, für die sie dann entsprechende neue Möglichkeiten und Lösungswege entwickeln.
Eines darf man auf keinen Fall unterschätzen: Die Konstruktion dieser Bauteile hat es in sich und erfordert gezielten und kontinuierlichen Aufbau von Know-how. Wir haben hier nur wenige Parallelen zum konventionellen Modellbau, dafür jedoch deutlich mehr Freiheitsgrade.

Beim Thema Binder haben Sie sich letztlich für ein kalthärtendes Phenolharz-System, auch bekannt als Novaset-System, entschieden. Wie ist dieser Entschluss gereift?
Ausschlaggebend für unsere Entscheidung waren die folgenden Aspekte: Die kalthärtenden Phenolharz-Systemen stehen noch am Anfang, und wir sehen in ihnen großes Entwicklungspotenzial. Daneben können die gedruckten Furanharzkerne unseren Anforderungen an Qualität und Produktivität nicht gerecht werden. Kalthärtende Phenolharz-Kerne überzeugen durch ihre hohe Exaktheit und Oberflächengüte. Ihr Finishing ist – im Gegensatz zu Furanharzkernen – deutlich einfacher. Bei kalthärtenden Phenolharz-Systemen bleibt kaum Sand haften, man kann die Kerne mit wenigen Handgriffen reinigen, wenn sie aus der Produktion kommen. Der Finishingaufwand ist sicherlich um etwa 60 % geringer als bei Furanharzkernen.
Gibt es auch Schattenseiten beim 3D-Sanddruck?
Ein Thema, das uns auf der Seele brennt, ist das Recycling. Wir können den Sand aus diesem Verfahren (noch) nicht recyceln, sondern müssen ihn deponieren. Bei den Tonnagen, die beim 3D-Druck anfallen, ist das schon jetzt ein ökonomischer und ökologischer Nachteil. Hier hoffen wir auf Verbesserung.
Wie bewerten Sie Ihre Investition nach dem ersten Jahr?
Intern haben wir uns weiterentwickelt, weil das neue Geschäft unser Denken verändert. Unsere Konstrukteure nutzen die Möglichkeiten der 3D-Technologie bei der kreativen Ausgestaltung der Geometrien. In einer Zeit, in der die Geometrien von Bauteilen immer komplexer werden, ist diese Fähigkeit ein entscheidender Wettbewerbsfaktor
für uns.
Das Geschäft mit dem 3D-Sanddruck eröffnet uns auch wirtschaftlich eine Menge Chancen, das können wir nach dem ersten Jahr bereits sagen. Ich bin davon überzeugt, dass die Entscheidung unsere Firma vorangebracht hat. Wir werden jetzt mehr als vorher als Technologieunternehmen wahrgenommen – ein wichtiger Faktor im Wettbewerb.