Die GIFA im Wandel der Zeit

Historischer Rückblick

GIFA 2023
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In der Redaktion der GIESSEREI PRAXIS wurde kürzlich der Sammelband der Zeitschrift von 1956 herumgereicht. Er wurde anlässlich einer Archivsuche "ausgegraben" und unser Team war begeistert, denn dieser Band enthielt den Vermerk: 

"Sonderausgabe zur GIFA vom 1. bis 9. September 1956 in Düsseldorf." 

Nun gibt uns allen dieses vor 67 Jahren verfasste Fundstück Zeit zu einem Rückblick ...

1956. Das Geburtsjahr der GIFA.

Die Erstausgabe der Fachmesse, die rund 45.000 qm überdachte Hallenfläche und 12.000 qm Freigelände umfasste, war die bis dato größte Gießereifachmesse der Welt. Ihre dominierende Stellung hat sie bis heute inne, denn sie gilt noch immer als die weltweit bedeutendste Fachmesse für den Gießereisektor. 

Die vom Deutschen Gießereiverband und den Düsseldorfer Messen organisierte GIFA erzielte seit ihren Anfängen im Jahr 1956 eine beträchtliche internationale Aufmerksamkeit. An der ersten GIFA nahmen 428 Aussteller teil, darunter 71 aus dem Ausland. Bis 1984 stieg die Gesamtausstellerzahl auf 509, darunter 205 ausländische Unternehmen. Unter den im Jahr 1994 ausstellenden 755 Firmen waren bereits 372 ausländische Unternehmen aus 38 Nationen vertreten. 

Seit den letzten Jahren wird die GIFA von der Metallurgie-Fachmesse METEC, der Messe für Thermoprozesstechnik THERMPROCESS und der Fachmesse für Gussprodukte NEWCAST begleitet. Zusammen bildet das Quartett die Bright World of Metals, ein Großereignis, das über 2000 Aussteller aus der ganzen Welt anzieht.

Doch zurück zum Jahr 1956 und der Sonderausgabe im Sammelband der Zeitschrift GIESSEREI PRAXIS. 

Wären da nicht die vergilbten Seiten, könnte man meinen, es handele sich um einen aktuellen Beitrag. Denn thematisiert werden Nachwuchsgewinnung, Marktstellung, Automatisierung und Öffentlichkeitsarbeit. So weist der damalige Vorsitzende des Wirtschaftsverbandes Gießerei-Industrie, W. Hövelmann, auf dem internationalen Fachpresseempfang im Vorfeld der GIFA 1956 darauf hin, dass die Gießerei kaum mit Ausstellungen in die Öffentlichkeit tritt. Daher sei auch zu wenig von der bedeutsamen Rolle der Gießereiindustrie bekannt. Mit der GIFA würde man nun ein anschauliches Bild der Branche vermitteln können.

Wie gelungen die Ausstellung gewesen sein muss, lässt sich bei der Lektüre der Werkzeitschrift 5/1956 der Ruhrstahl AG erahnen. Dort ist über die GIFA 1956 zu lesen: "Zeigte die Halle P Gusserzeugnisse aller Abmessungen, so fanden sich in anderen Hallen modernste Formmaschinen, Kernblas- und Schießmaschinen ebenso wie neuartige Anlagen zum automatischen Putzen. Zur Veranschaulichung waren eine Reihe dieser Maschinen in Betrieb, ständig umlagert von einer sich drängenden Menschenmenge." Die Ruhrstahl AG war in Halle P unter anderem mit einem Flügel für eine Kaplan-Turbine und einem gegossenen Kurbelhub vertreten. Im Ausstellungsfreigelände hatte der Stahlerzeuger den vierten Teil eines Turbinengehäuses (33 Tonnen) und einen riesigen Ständer für ein Fräs- und Bohrwerk (35 Tonnen) aufgestellt.

Bedeutung des Leichtmetallgusses

Ein weiterer Referent auf dem Fachpresseempfang im Vorfeld der GIFA 1956 ist H. Roeder, Vorsitzender des Gesamtverbandes Deutscher Metallgießereien. Er erläutert den Journalisten, wie der Leichtmetallguss seit Beginn des 20. Jahrhunderts einen geradezu stürmischen Aufschwung genommen hat, sodass inzwischen die Hälfte des NE-Metallgusses bereits aus Aluminium- bzw. Magnesiumlegierungen gefertigt wird. – Zu dieser interessanten Information passt ein anderes historisches Fundstück, dieses aus dem Firmenarchiv der Schaffhausener Georg Fischer AG. Deren Geschäftsleitung hatte im Jahr 1954 mitgeteilt: "Beträchtliche Mittel sind im abgelaufenen Jahr für unsere Leichtmetallgießereien aufgewendet worden. Die vor Jahren beschlossene Aufnahme des Leichtmetalls, des Aluminium- und Magnesiumgusses, als Sandguss, Kokillen- und Spritzguss, erweist sich mehr und mehr als eine wohlüberlegte Maßnahme."

Automatisierung und elektrisches Schmelzen

Auf besagtem Fachpresseempfang geht es weiterhin um die Automatisierung. Baurat Dipl.-Ing. W. Gesell, Staatl. Ingenieurschule Duisburg, erklärt, dass noch bis Ende des 19. Jahrhunderts in Gießereibetrieben vorzugsweise handwerklich gearbeitet wurde. Erst mit dem Beginn der Massenproduktion begann der Aufstieg des Gießereimaschinenbaus. Der sei also, gemessen am jahrtausendealten Gießereigewerbe, noch verhältnismäßig jung, habe aber in den vergangenen zwei bis drei Jahrzehnten große Fortschritte gemacht und stelle heute einen wichtigen Eckpfeiler der Gießereitechnik dar. Auch das elektrische Schmelzen komme immer mehr zur Anwendung.

Die Vorläufer der GIFA

Sehr spannend ist der Verweis auf die Vorläufer der Düsseldorfer GIFA. Hierzu hatte Dr. Herbert Engst, Direktor der Nordwestdeutschen Ausstellungs-Gesellschaft mbH. Düsseldorf, in seiner Begrüßungsrede neben einer Vorschau auf die erste GIFA auch einen Rückblick auf die bisherigen Gießerei-Fachausstellungen gehalten. Zu nennen wäre die 4. Gießerei-Fachausstellung, die im Jahr 1925 stattfand und von 45.000 Besuchern gesehen wurde. Die Zeitschrift "Stahl und Eisen", Zeitschrift für das deutsche Eisenhüttenwesen, berichtete am 1. Oktober 1925 ausführlich. Da heißt es "Die vierte vom Verein deutscher Eisengießereien, Gießereiverband, vom 23. August bis 13. September 1925 in Düsseldorf veranstaltete Gießereifachausstellung darf in jeder Hinsicht als bestens gelungen bezeichnet werden. Zu den beiden Hauptabteilungen, der ‚Wissenschaftlichen Ausstellung‘ und der ‚Firmenausstellung‘, trat als drittes Glied des Ganzen und dieses in ausgezeichneter Weise ergänzend eine ‚Gießerei im Betriebe‘". 

Kernstück der Ausstellung war eine im Betrieb befindliche Gießerei, die nach dem damals sehr neuen System der Fließbandarbeit eingerichtet war. Neben betriebsfähigen Maschinen enthielt die Ausstellung vor allem Probestücke, Zeichnungen und Tafeln. Hochinteressant, dass ein eigener kleiner Abschnitt dem Elektroofen gewidmet war, den man durch Lichtbilder, Zeichnungen und Modelle veranschaulicht hatte.

In der Tat kann man dann in der Ausgabe der "Stahl und Eisen" vom 27. Januar 1927, lesen, dass die Ross-Meehan Foundries in Chattanooga zum Ausbau ihrer Gießereiabteilungen für Grauguss und schmiedbaren Guss eine Stahlgießerei gebaut haben, die ganz elektrisch betrieben wird. Erzeugt würden dort unter anderem Teile für Eisenbahnwagen, aber auch gewöhnliche und hochlegierte Stähle. Die Stahlgießerei sei mit einem kippbaren elektrischen Schmelzofen ausgerüstet, der 3 t je Schmelzung leistet, jedoch durch Vertiefung des Herdes und Verringerung der Wandstärke des Futters bis auf etwa 12 t Leistung je Schmelzung gebracht werden kann.

Auch die folgende, 5. Gießerei-Fachausstellung, die 1929 in Düsseldorf unter Führung des Berliner Vereins Deutscher Gießerei-Fachleute stattfand, soll hier kurz erwähnt werden, denn diese zeichnete sich dadurch aus, dass sie erstmals eine systematische Ausstellung des Metallgießereiwesens brachte. Hauptgebiete war die "Metallurgie der Nichteisen-Metalle und  Legierungen", die Abteilungen "Dauerformen", "Schrifttum des Metallgießereiwesens" als auch die Sondergruppe "Metalltechnische Röntgenkunde". In der großen Maschinenhalle hatten über 150 Firmen ihre Erzeugnisse ausgestellt, und zwar vorwiegend Anlagen, die durch Elektrizität oder Luftdruck betrieben wurden, ferner Schmelzöfen. Einen großen Raum innerhalb der Ausstellung nahm die Lehrschau ein, die sich dem Thema „Sparsame Wirtschaft im Gießereibetrieb“ widmete. Auch der Fließbandarbeit, die sich, von den USA kommend, nun zunehmend in Europa verbreitete, wurde besondere Aufmerksamkeit zuteil. So berichtet die Dortmunder Zeitung vom 5. September 1929 im Industrie- und Handelsblatt: "Den Abschluss der Lehrschau bildet in einem großen geräumigen Saale die Darstellung der Fabrikorganisation und der Fließarbeit, sehr interessant hier u. a. ein großes in Betrieb befindliches Miniaturmodell der gesamten, nach amerikanischem Bandsystem arbeitenden Gießereianlage der französischen Automobilfabrik Citroen."  

Das Herz der Branche: der Gießernachwuchs

Um den Bogen zur GIFA 1956 wieder zu schließen: Bei der Lektüre des historischen Artikels beeindruckt doch sehr, dass die Themen, die vor 67 Jahren diskutiert wurden, genauso gut von der Agenda eines Gießertreffens von 2023 stammen könnten. Vor allem aber fällt auf, welche große Bedeutung der Nachwuchsförderung beigemessen wurde. Um dieser Rechnung zu tragen, verfügte die erste GIFA nämlich über eine berufspädagogische Abteilung. Die Messebesucher hatten dort Gelegenheit, Verfahren der Eignungsprüfung kennenzulernen. Darüber hinaus wurde ihnen anhand eines Grundlehrgangs gezeigt, wie Jung-Gießer allmählich in ihren Beruf hineinwachsen. Eines Tages würden die Auszubildenden stolz den Facharbeiterbrief in den Händen halten – und diesem Ergebnis der Ausbildung wurde gebührend Achtung gezollt: mit der Ausstellung einer Auswahl von Facharbeiter-Prüfungsstücken.

Darüber hinaus konnten die Besucher die verschiedenen Berufe bei ihrer Arbeit beobachten. So heißt es abschließend im Bericht der GIESSEREI PRAXIS zum Fachpresseempfang GIFA 1956: "Modelltischler und Modellschlosser werden Modelle bauen, Former werden formen, schmelzen und gießen, andere wiederum werden experimentieren, zeichnen und rechnen, sodass das Ganze den Eindruck lebensvoller Wirklichkeit machen wird." 

Sicher verband sich mit dieser realitätsnahen Vorführung die Hoffnung, mehr junge Menschen für den Beruf in der Gießereibranche zu begeistern, denn solch eine anschauliche Darstellung ist doch viel eindrucksvoller, als es Fotos und Videos oder gar trockene Theorie je sein können.

Ausblick

Nach diesem ausführlichen Rückblick in die Geschichte der GIFA und der Gießerei-Fachausstellungen soll der Blick wieder nach vorn fallen. Denn die Vorbereitungen zur nunmehr 15. Gießereimesse, der GIFA 2023, sind abgeschlossen. Der Countdown läuft, die Branche fiebert dem Großereignis entgegen – und die Redaktion der Zeitschrift GIESSEREI PRAXIS fiebert mit.

Verständlicherweise wird die bevorstehende Gießereimesse von den zentralen Themen Dekarbonisierung, Kreislaufwirtschaft, Digitalisierung, 3D-Druck und automobiler Leichtbau dominiert werden. Wir persönlich würden uns allerdings freuen, wenn auch das Thema Nachwuchsgewinnung eine prominente Position einnehmen wird.

Literatur:
GF Mitteilungen (1954), Schaffhausen, Nr. 65, 11. Jg., S. 5. Firmenarchiv der Georg Fischer AG Schaffhausen, Schweiz. https://archives.georgfischer.com/media/gfa_9_1_65-0001

Ruhrstahl (1956). Werkzeitschrift 5/1956, Ruhrstahl-Aktiengesellschaft Witten. https://d2zo35mdb530wx.cloudfront.net/_binary/UCPthyssenkruppAG/e04283f3-1b93-4705-b83c-51718498e6ec/Ruhrstahl--05.1956.pdf

Dipl.-Ing. H. Fey (1927). Elektrische Öfen im Gießereibetriebe. In: Stahl und Eisen, 47. Jg. Nr. 4, S. 135. http://delibra.bg.polsl.pl/Content/19770/POLSL_Stahl-und-Eisen--Nr--4_P-770_1927.pdf

Carl Irresberger (1925). Die vierte Gießereifachausstellung in Düsseldorf. In: Stahl und Eisen, 45. Jg. Nr. 40, S. 1666–1670. http://delibra.bg.polsl.pl/Content/16592/P-770_1925-2_40.pdf

GIFA Strukturdaten. www.messe-duesseldorf.de/VIS/PDF/Strukturdaten_GIFA_2015_de.pdf

Industrie- und Handelsblatt der Dortmunder Zeitung (1929): Gießereifachausstellung in Düsseldorf, Nachrichten vom 5. September 1929. www.deutsche-digitale-bibliothek.de/newspaper/item/2XTYW6KUWRNZITZVKAN37BVIAHIXTKTW?query=Gießereifachausstellung+Düsseldorf&hit=&issuepage=11