Neue Verfahren – neue Gefahren: Das Arbeiten an additiven Fertigungsanlagen kann die Gesundheit Beschäftigter beeinträchtigen. Dr. Renate Beisser vom Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA) erklärt, worauf man achten sollte. Interview von Anne Meyer-Gatermann Bislang gibt es kaum valide Untersuchungen in Deutschland darüber, welche Gesundheitsgefahren die additive Fertigung mit sich bringt. Aus diesem Grund hat das Institut für Arbeitsschutz der DGUV (IFA) gemeinsam mit dem DGUV Sachgebiet „Gefahrstoffe“ im Jahr 2015 zusammenmit den Berufsgenossenschaften und Unfallkassendas Forschungsprojekt „Emissionen aus 3D-Druckern“ gestartet. Es wird im Jahr 2019 abgeschlossen. Im Rahmen des Forschungsprojektes wurde in mehr als 60 Betrieben und Hochschulinstituten untersucht, welchen Emissionen die Beschäftigten ausgesetzt sind. Im Interview mit GIESSEREI PRAXIS erklärt Dr.Renate Beisser, Referatsleiterin am Institut für Arbeitsschutz der DGUV, welche Ergebnissedie Forschung bereits ergeben hat. GIESSEREI PRAXIS: Welche Druckverfahren haben Sie untersucht und zu welchen Ergebnissen sind Sie dabei gekommen?
Renate Beisser: Die Untersuchung hatte drei Schwerpunkte: zum einen metallbasierte Verfahren wie Laserauftragschweißen oder Laserstrahlschmelzen. Zum anderen Verfahren, bei denen Kunststoffe eingesetzt wurden. Hier sind einerseits das FDM-Verfahren (fused deposition modeling, Schmelzschichtverfahren) und andererseits pulverbasierte Verfahren zu nennen. Die Messergebnisse zeigen, dass die Freisetzung während des Bauprozesses bei allen genannten Verfahren relativ gering ist. Bei den Pulververfahren können allerdings die vor- und nachbereitenden Schritte dazu führen, dass gewisse Mengen Staub freigesetzt werden. Was sind die guten Nachrichten Ihrer Forschungsarbeit?
Bereits während der Laufzeit des Forschungsprojektes konnten viele Verbesserungen für den Arbeitsschutz bei den additiven Verfahren erreicht werden. Füreinige Arbeitsschritte gibt es beispielsweise inzwischen automatisierte Lösungen. Oder bestimmte Verfahrensschritte werden zum Beispiel in gekapselten Anlagen ausgeführt. Und welche Probleme oder Herausforderungen haben sich gezeigt?
Auf Anwenderseite gab es oftmals Schwierigkeiten damit, die Gefahren richtig einzuschätzen. Aus diesem Grund ist eine qualifizierte Gefährdungsbeurteilung zum Schutz der Beschäftigten nicht möglich.Darüber hinaus müssen für kleinere Unternehmen, Hochschulinstitute bzw. Universitäten kostengünstige Individuallösungen gefunden werden, da die dort bestehenden Arbeitsbereiche häufig nicht mit den industriellen Arbeitsplätzen vergleichbar sind. Welche Gesundheitsrisiken bringen additive Verfahren in der Industrie, bei denen Metallpulver verwendet werden, mit sich?
Welche Gefahrstoffe setzen sie frei? Die inhalative Exposition gegenüber Metallen kann eine Gefährdung für die Beschäftigten darstellen. Hier sind insbesondere krebserzeugende Metallwerkstoffe, die beispielsweise Cobalt und Nickel enthalten, kritisch zu betrachten. Darüber hinaus kann bei feinen Pulvern der Explosionsschutz oftmals eine Herausforderung darstellen. Welche dieser Druckverfahren, bei denen Metalle verwendet werden, stoßen die meisten Emissionen aus, welche besonders wenige?
Das eigentliche Druckverfahren stellt in der Regel kein Problem dar, sofern die Anlagen bautechnisch nicht verändert wurden. Es kann jedoch bei den Arbeitsschritten, bei denen mit offenem Pulver gearbeitet wird, je nach Arbeitsweise und Ausstattung, zu einer erhöhten Exposition kommen. Welche Metallpulver sind besonders gesundheitsgefährdend und warum?
Mit welchen gesundheitlichen Folgen muss man rechnen, wenn ein Mitarbeiter diesen Emissionen ungeschützt ausgesetzt ist? Wie bereits geschildert, werden in bestimmten Anwendungsfällen krebserzeugende Metalle eingesetzt. Darüber hinaus gibt es bei der Verwendung von feinem Pulver unter bestimmten Arbeitsbedingungen eine Brand- und Explosionsgefahr. Daher muss in der Gefährdungsbeurteilung festgelegt werden, welche wirksamen Schutzmaßnahmen zu treffen sind, damit die Beschäftigten, baulichen Einrichtungen und Anlagen nicht zu Schaden kommen. Abgesehen davon, dass Mitarbeiter Metallpartikel einatmen – gibt es noch weitere Risiken bei Tätigkeiten mit diesen Werkstoffen und dieser Technik?
Je nach Verfahren und Verfahrensschritt gibt es neben dem Einatmen von Stäubenweitere Gefährdungen. Diese sind jedoch häufig spezifisch für den Verfahrensschrittund das eingesetzte Material. An dieser Stelle wären zum Beispiel chemische, elektrische, mechanische, thermische und physikalische Gefährdungen zu nennen. Was ist bei der Nachbearbeitung des gedruckten Produktes zu beachten?
Gibt es auch Gefährdungen bei der Wartung und Reinigung? Die Beantwortung der Frage hängt vom Verfahren ab. Beim Laserauftragschweißen muss in der Regel noch entgratet werden. Beim Laserstrahlschmelzen, welches ein Pulverbettverfahren ist, muss das Bauteil noch vom Pulver befreit werden. Das kann je nach Geometrie des Bauteils relativschwierig und langwierig sein. Diese Arbeiten werden oftmals manuell durchgeführt, was eine erhöhte Exposition zur Folge haben kann. Was können Arbeitgeber und Beschäftigte zum Arbeitsschutz tun? Welche Schutzmaßnahmen empfehlen Sie? Der Arbeitgeber hat zunächst eine fachkundige Gefährdungsbeurteilung durchzuführen oder durchführen zu lassen. Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung musser dabei wirksame Schutzmaßnahmen nach dem STOP-Prinzip (Substitution, technische, organisatorische, personenbezogene Schutzmaßnahmen) festlegen. Konkret kann das zum Beispiel bedeuten:
Gibt es Prüfsiegel, auf die man achten kann? Wenn nicht, sind solche Siegel in der Entwicklung und wann kann man damit rechnen? Beim Kauf ist bereits darauf zu achten, dass die Anlagen emissionsarm betrieben werden können. Bei den Laserverfahren ist dies zumeist der Fall, da auch Schutzmaßnahmen wegen der Laserstrahlung getroffen werden müssen. Bei Metallpulver wird auch häufig der Bauraum gekapselt, um die Pulver unter Schutzgasatmosphäre einsetzen zu können. Einige der FDM-Geräte haben oftmals offene Gehäuse. Hier könnte das Gehäuse geschlossen oder gargekapselt werden. Alternativ könnte eine Absaugung installiert werden. Prüfsiegel gibt es bis dato keine. Mir persönlich ist auch nichts von der Entwicklung solcher Prüfsiegel bekannt. Was kann man schon beim Kauf der Anlagen beachten? Gibt es Prüfsiegel, auf die man achten kann?
Wenn nicht, sind solche Siegel in der Entwicklung und wann kann man damit rechnen? Beim Kauf ist bereits darauf zu achten, dass die Anlagen emissionsarm betrieben werden können. Bei den Laserverfahren ist dies zumeist der Fall, da auch Schutzmaßnahmen wegen der Laserstrahlung getroffen werden müssen. Bei Metallpulver wird auch häufig der Bauraum gekapselt, um die Pulver unter Schutzgasatmosphäre einsetzen zu können. Einige der FDM-Geräte haben oftmals offene Gehäuse. Hier könnte das Gehäuse geschlossen oder gar gekapselt werden. Alternativ könnte eine Absaugung installiert werden. Prüfsiegel gibt es bis dato keine. Mir persönlich ist auch nichts von der Entwicklung solcher Prüfsiegel bekannt. Wenn Ihr Forschungsprojekt abgeschlossen ist – welche weiteren Schritte auf diesem Gebiet sind geplant?
Welche Konsequenzen werden Sie und Ihre Kollegen us den Berufsgenossenschaften und Unfallkassen dann aus den Ergebnissen ziehen? Wenn wir die Messungen in den Betrieben abgeschlossen haben, wird mit allen Beteiligten des Forschungsprojektes geprüft, welche relevanten Prozessschritte immer wieder vorkommen und wie diese gegebenenfalls noch sicherer gestaltet werden können. Zusammen mit den Berufsgenossenschaften und Unfallkassen sollen Handlungshilfen, insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen, Hochschulinstitute bzw. Universitäten erarbeitet werden. Ein weiteres Ziel ist es, ein sicheres Vorgehen bei additiven Fertigungsverfahren zu beschreiben. Diese Beschreibung soll in Empfehlungen zur Gefährdungsermittlung der Unfallversicherungsträger (EGU) münden. Wer nach der EGU arbeitet, kann darauf vertrauen,emissionsarm zu arbeiten.
Renate Beisser: Die Untersuchung hatte drei Schwerpunkte: zum einen metallbasierte Verfahren wie Laserauftragschweißen oder Laserstrahlschmelzen. Zum anderen Verfahren, bei denen Kunststoffe eingesetzt wurden. Hier sind einerseits das FDM-Verfahren (fused deposition modeling, Schmelzschichtverfahren) und andererseits pulverbasierte Verfahren zu nennen. Die Messergebnisse zeigen, dass die Freisetzung während des Bauprozesses bei allen genannten Verfahren relativ gering ist. Bei den Pulververfahren können allerdings die vor- und nachbereitenden Schritte dazu führen, dass gewisse Mengen Staub freigesetzt werden. Was sind die guten Nachrichten Ihrer Forschungsarbeit?
Bereits während der Laufzeit des Forschungsprojektes konnten viele Verbesserungen für den Arbeitsschutz bei den additiven Verfahren erreicht werden. Füreinige Arbeitsschritte gibt es beispielsweise inzwischen automatisierte Lösungen. Oder bestimmte Verfahrensschritte werden zum Beispiel in gekapselten Anlagen ausgeführt. Und welche Probleme oder Herausforderungen haben sich gezeigt?
Auf Anwenderseite gab es oftmals Schwierigkeiten damit, die Gefahren richtig einzuschätzen. Aus diesem Grund ist eine qualifizierte Gefährdungsbeurteilung zum Schutz der Beschäftigten nicht möglich.Darüber hinaus müssen für kleinere Unternehmen, Hochschulinstitute bzw. Universitäten kostengünstige Individuallösungen gefunden werden, da die dort bestehenden Arbeitsbereiche häufig nicht mit den industriellen Arbeitsplätzen vergleichbar sind. Welche Gesundheitsrisiken bringen additive Verfahren in der Industrie, bei denen Metallpulver verwendet werden, mit sich?
Welche Gefahrstoffe setzen sie frei? Die inhalative Exposition gegenüber Metallen kann eine Gefährdung für die Beschäftigten darstellen. Hier sind insbesondere krebserzeugende Metallwerkstoffe, die beispielsweise Cobalt und Nickel enthalten, kritisch zu betrachten. Darüber hinaus kann bei feinen Pulvern der Explosionsschutz oftmals eine Herausforderung darstellen. Welche dieser Druckverfahren, bei denen Metalle verwendet werden, stoßen die meisten Emissionen aus, welche besonders wenige?
Das eigentliche Druckverfahren stellt in der Regel kein Problem dar, sofern die Anlagen bautechnisch nicht verändert wurden. Es kann jedoch bei den Arbeitsschritten, bei denen mit offenem Pulver gearbeitet wird, je nach Arbeitsweise und Ausstattung, zu einer erhöhten Exposition kommen. Welche Metallpulver sind besonders gesundheitsgefährdend und warum?
Mit welchen gesundheitlichen Folgen muss man rechnen, wenn ein Mitarbeiter diesen Emissionen ungeschützt ausgesetzt ist? Wie bereits geschildert, werden in bestimmten Anwendungsfällen krebserzeugende Metalle eingesetzt. Darüber hinaus gibt es bei der Verwendung von feinem Pulver unter bestimmten Arbeitsbedingungen eine Brand- und Explosionsgefahr. Daher muss in der Gefährdungsbeurteilung festgelegt werden, welche wirksamen Schutzmaßnahmen zu treffen sind, damit die Beschäftigten, baulichen Einrichtungen und Anlagen nicht zu Schaden kommen. Abgesehen davon, dass Mitarbeiter Metallpartikel einatmen – gibt es noch weitere Risiken bei Tätigkeiten mit diesen Werkstoffen und dieser Technik?
Je nach Verfahren und Verfahrensschritt gibt es neben dem Einatmen von Stäubenweitere Gefährdungen. Diese sind jedoch häufig spezifisch für den Verfahrensschrittund das eingesetzte Material. An dieser Stelle wären zum Beispiel chemische, elektrische, mechanische, thermische und physikalische Gefährdungen zu nennen. Was ist bei der Nachbearbeitung des gedruckten Produktes zu beachten?
Gibt es auch Gefährdungen bei der Wartung und Reinigung? Die Beantwortung der Frage hängt vom Verfahren ab. Beim Laserauftragschweißen muss in der Regel noch entgratet werden. Beim Laserstrahlschmelzen, welches ein Pulverbettverfahren ist, muss das Bauteil noch vom Pulver befreit werden. Das kann je nach Geometrie des Bauteils relativschwierig und langwierig sein. Diese Arbeiten werden oftmals manuell durchgeführt, was eine erhöhte Exposition zur Folge haben kann. Was können Arbeitgeber und Beschäftigte zum Arbeitsschutz tun? Welche Schutzmaßnahmen empfehlen Sie? Der Arbeitgeber hat zunächst eine fachkundige Gefährdungsbeurteilung durchzuführen oder durchführen zu lassen. Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung musser dabei wirksame Schutzmaßnahmen nach dem STOP-Prinzip (Substitution, technische, organisatorische, personenbezogene Schutzmaßnahmen) festlegen. Konkret kann das zum Beispiel bedeuten:
- eine Substitution durch ein weniger gefährliches Material prüfen und gegebenenfalls einsetzen
- eine gekapselte Anlage einsetzen oder Gefahrstoffe emissionsnah erfassen
- wenn möglich, Prozessschritte automatisieren
- möglichst staubarm arbeiten
- wenn die technischen und organisatorischen Maßnahmen nicht einen ausreichenden Schutz der Beschäftigten sicherstellen, müssen Arbeitgeber Persönliche Schutzausrüstungen (z.B. Atemschutz) zur Verfügungstellen und die Beschäftigten müssen diese dann auch tragen.
Gibt es Prüfsiegel, auf die man achten kann? Wenn nicht, sind solche Siegel in der Entwicklung und wann kann man damit rechnen? Beim Kauf ist bereits darauf zu achten, dass die Anlagen emissionsarm betrieben werden können. Bei den Laserverfahren ist dies zumeist der Fall, da auch Schutzmaßnahmen wegen der Laserstrahlung getroffen werden müssen. Bei Metallpulver wird auch häufig der Bauraum gekapselt, um die Pulver unter Schutzgasatmosphäre einsetzen zu können. Einige der FDM-Geräte haben oftmals offene Gehäuse. Hier könnte das Gehäuse geschlossen oder gargekapselt werden. Alternativ könnte eine Absaugung installiert werden. Prüfsiegel gibt es bis dato keine. Mir persönlich ist auch nichts von der Entwicklung solcher Prüfsiegel bekannt. Was kann man schon beim Kauf der Anlagen beachten? Gibt es Prüfsiegel, auf die man achten kann?
Wenn nicht, sind solche Siegel in der Entwicklung und wann kann man damit rechnen? Beim Kauf ist bereits darauf zu achten, dass die Anlagen emissionsarm betrieben werden können. Bei den Laserverfahren ist dies zumeist der Fall, da auch Schutzmaßnahmen wegen der Laserstrahlung getroffen werden müssen. Bei Metallpulver wird auch häufig der Bauraum gekapselt, um die Pulver unter Schutzgasatmosphäre einsetzen zu können. Einige der FDM-Geräte haben oftmals offene Gehäuse. Hier könnte das Gehäuse geschlossen oder gar gekapselt werden. Alternativ könnte eine Absaugung installiert werden. Prüfsiegel gibt es bis dato keine. Mir persönlich ist auch nichts von der Entwicklung solcher Prüfsiegel bekannt. Wenn Ihr Forschungsprojekt abgeschlossen ist – welche weiteren Schritte auf diesem Gebiet sind geplant?
Welche Konsequenzen werden Sie und Ihre Kollegen us den Berufsgenossenschaften und Unfallkassen dann aus den Ergebnissen ziehen? Wenn wir die Messungen in den Betrieben abgeschlossen haben, wird mit allen Beteiligten des Forschungsprojektes geprüft, welche relevanten Prozessschritte immer wieder vorkommen und wie diese gegebenenfalls noch sicherer gestaltet werden können. Zusammen mit den Berufsgenossenschaften und Unfallkassen sollen Handlungshilfen, insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen, Hochschulinstitute bzw. Universitäten erarbeitet werden. Ein weiteres Ziel ist es, ein sicheres Vorgehen bei additiven Fertigungsverfahren zu beschreiben. Diese Beschreibung soll in Empfehlungen zur Gefährdungsermittlung der Unfallversicherungsträger (EGU) münden. Wer nach der EGU arbeitet, kann darauf vertrauen,emissionsarm zu arbeiten.
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