„Guss 2035 – neue Perspektiven für die Gießerei-Industrie“

Deutlicher und durchaus positiver Fahrplan für die Gießereibranche

Die Mitte 2021 vom Bundesverband der Deutschen Gießerei-Industrie (BDG) in Auftrag gegebene Studie zur Zukunft der deutschen Gießereiindustrie ist jetzt fertig. Ehrgeiziges Ziel der Studie ist es, der Branche eine Orientierung für die Zukunft zu geben. Das Fazit lautet: Langfristig überwiegen die Chancen und Potenziale für die Gießereibranche die Risiken bei Weitem. Guss „Made in Germany“ ist für den Weg in die Klimaneutralität unverzichtbar.

Kernthema der 56-seitigen Studie sind die existenziellen Fragen: Wohin entwickeln wir uns? Welche Produkte aus welchen Bereichen werden künftig nachgefragt?

Im Mittelpunkt der Analyse steht zweifellos Europas Weg in die Klimaneutralität, der einen hohen Transformationsdruck auf einzelne Sektoren und Branchen entfaltet – so auch auf die Gießereiindustrie. Die grundsätzliche Dimension des Vorhabens wird von den Autoren der Studie einer gesellschaftlichen und industriellen Revolution gleichgesetzt, da tiefgreifende Änderungen der Lebens- und Produktionsweise zwangsläufige Folge sind.

Die Studie „Guss 2035” arbeitet deutlich heraus, welche massiven Veränderungen Europas Weg in die Klimaneutralität mit sich bringen wird. Auswirkungen auf verschiedene Wirtschaftssektoren, Produktgruppen und die Gießerei-Branche werden detailliert untersucht. In der Studie werden dabei ganz konkrete Aussagen gemacht, beispielsweise, dass jährlich 220.000 Tonnen Eisenguss für Deutschlands Windenergieanlagen auf dem Weg in die Klimaneutralität erforderlich sind.

Im Kapitel „Marktseitige Bewertung mit Guss-Fokus“ wird der erwartete Verlauf der Entwicklung in der Branche bis 2027 dargestellt. In Zusammenarbeit mit den Branchenverbänden wurde die zu erwartende Nachfrage in den relevanten Wirtschaftsräumen an gegossenen Industriegütern für Gusseisen, Al- und Cu-Guss weltweit erhoben.

Hinsichtlich der Potenziale des bevorstehenden Transformationsprozesses kommen die Autoren zum Schluss, dass Guss über 2035 hinaus in Verkehrsinfrastruktur und Energiesektor verstärkt zum Einsatz kommen wird. Die Studie identifiziert in diesem Bereich somit eine künftig wachsende Gussnachfrage. 

Dabei wird sich die Eigentümerstruktur der deutschen Gießereien eher zu merklich größeren Unternehmensgruppen verändern. Jedoch haben kleinere Gießereien als Service-Gießereien Bestand. Schlüsselfaktoren, mit denen die Branche die anstehende Transformation meistern kann, sind größtmögliche Wertschöpfungstiefe bei bestmöglicher Effizienz.

Schwieriger als die Frage nach den Transformationspotenzialen sei eine Prognose zum Verhalten der entscheidenden politischen Akteure. Die Autoren geben zu bedenken, dass Politik grundsätzlich als Enabler oder Disabler agieren kann. Es bleibe einstweilen offen, in welche der beiden Richtungen die Entwicklung gehen wird. Aktuell herrsche der Eindruck vor, dass sich Deutschlands Politik zu stark mit sich selbst beschäftigt. 

Zusammenfassend fordern die Branchenexperten mehr strategischen Weitblick seitens der europäischen und deutschen Politik. Gleichwohl sehen sie in den mit dem Green Deal verbundenen Herausforderungen Grund zur Hoffnung: Die anstehende Transformation sei von so grundsätzlicher Dynamik, dass sie das Potenzial auch zur Veränderung von Politik biete. 

Der Bundesverband der Deutschen Gießerei-Industrie stellte die neue Studie auf dem Deutschen Gießereitag in Münster am 5. und 6. Mai erstmals einen größeren Publikum vor. Sie umfasst 56 Seiten und enthält insgesamt 55 detaillierte Abbildungen und Charts. Die finale Version der Studie wurde vor dem Hintergrund der auslaufenden Corona-Krise sowie des russischen Überfalls auf die Ukraine erstellt, der Themen wie Rohstoffversorgung, Lieferketten und Energie an oberste Stelle rückte. Als Grundlage der Studie dienten überwiegend öffentlich zugängliche Quellen. Vertieft und ergänzt wurden diese Quellen durch Leitfadeninterviews mit rund 20 Fachleuten und Geschäftsführern von Gießereien.