Wie für die meisten anderen Branchen ist auch für die Gießerei-Industrie der Fachkräftemangel eines der Top-Themen der nächsten Jahre. Die Bedingungen in der Produktion sind hier oft hart und die Ausbildung ist anspruchsvoll. Das schreckt viele Schulabgänger ab, sich für einen Beruf in dieser mittelständisch geprägten Branche zu entscheiden. Aber gerade Mittelständler trifft der Fachkräftemangel sehr stark. Dies zeigte zuletzt auch der Arbeitsmarktreport des Deutschen Industrie- und Handelskammertages. Danach ist der Mangel an qualifiziertem Personal für 60 Prozent der Betriebe das größte Geschäftsrisiko – besonders die kleinen und mittleren mit bis zu 200 Mitarbeitern leiden häufig unter Personalengpässen und haben ernsthafte Probleme, vakante Stellen zu besetzen. Große Hoffnungen knüpfen viele Gießereien deshalb an die zunehmende Automation.
Automation eignet sich für Risikoarbeiten
Sicher: Teil- und vollautonome Systeme werden Prozesse beschleunigen und kosteneffizienter machen. Zudem können sie Risikoarbeiten wie das Einfüllen von geschmolzenem Metall und das anstrengendeTragen des Rohstoffes übernehmen. Aber menschliche Fachkräfte werden sie auf absehbare Zeit wohl dennoch nicht ersetzen können. Schließlich benötigt es gerade in Konstruktion, Entwicklung oder Qualitätsprüfung menschliches Fingerspitzengefühl und den Blick eines erfahrenen Experten. Es ist also davon auszugehen, dass sich die Berufsbilder in der Gießerei-Industrie verändern werden – doch ein Bedarf an gut ausgebildeten Fachkräften wird auch in Zukunft bestehen.
Unternehmen konkurrieren – Fachkräfte profitieren
Auch in der Gießereibranche wird der Kampf um die besten Talente wohl immer entschiedener geführt werden. Inklusive: Abwerbeprämien, Headhunter und Wettlauf bei Löhnen und Arbeitsbedingungen. Der Arbeitsmarkt hat sich grundlegend verändert, heute bewerben sich oftmals die Arbeitgeber bei den Arbeitnehmern. Diesen Eindruck hat auch Isabel Franzka. Die diplomierte Betriebswirtin ist seit 2014 im Beratungsverbund ABG-Partner als Steuerberaterin und Prokuristin tätig. „Früher hatte ein Arbeitgeber auf eine Stellenausschreibung zehn Bewerber, heute ist er froh, wenn es ein oder zwei sind“, schildert Franzka ihre Erfahrungen. Daraus folgen laut der Expertin ein neues Selbstverständnis auf Arbeitnehmerseite und neue Herausforderungen für die Unternehmen: „Die wenigen Arbeitskräfte, die verfügbar sind, haben entsprechende Ansprüche. Ich sage nur Work-Life-Balance, gutes Betriebsklima, flexible Arbeitszeit, gumer weniger Fachkräfte müssen sich die Unternehmen als attraktive Arbeitgeber positionieren und deshalb neben dem Bruttogehalt besondere Anreize schaffen.“
Treue ist oft mit dem Betriebsklima verknüpft
Solche Anreize sollen Arbeitnehmern praktische Vorteile bieten und zudem für ein gutes Betriebsklima sorgen. Dass sich Neuzugänge und langjährige Mitarbeiter bei ihrer Tätigkeit wohlfühlen, ist für viele eines der wichtigsten Kriterien am Arbeitsplatz. Die Treue zum Unternehmen ist oft eng mit dem Betriebsklima verknüpft. Für ein gutes Miteinander sorgen unter anderem Firmenevents, regelmäßige Mitarbeitergespräche, Schulungen, Weiterbildungen oder Mitarbeitermagazine.
Potenziellen und bestehenden Arbeitskräften erstklassige Konditionen zu bieten, ist aber nur die halbe Wahrheit. Ebenso wichtig ist es, all diese Dinge auch im Rahmen einer wiedererkennbaren Arbeitgebermarke zu kommunizieren – in ansprechenden Stellenanzeigen, auf der Unternehmenshomepage, auf Social-Media- Kanälen, auf Stellenportalen oder aufMessen. Dabei kommt es vor allem auf Authentizität, die richtige Tonalität und das entgegenkommende aber selbstbewusste Auftreten an. „Arbeitgeber sollten offensiv und sympathisch auf die Leute zugehen und sagen: ‚Wir möchten, dass ihr euch wohlfühlt, wenn ihr für uns Leistung bringt‘“, sagt auch Franzka.
Mit kleinen Gesten Steuern sparen
Laut der Expertin fängt Mitarbeitermotivation mit ganz simplen Dingen an: „Das beginnt schon mit kleinen Gesten wie dem Gutschein zum Geburtstag oder einem Blumenstrauß zur Hochzeit. Kostenlose Getränke, ein ergonomischer Arbeitsplatz oder Werkzeuggeld für angestellte Handwerker sind ebenfalls gute Möglichkeiten für den Arbeitgeber, zu motivieren, für ein gutes Betriebsklima zu sorgen und ganz nebenbei Steuern zu sparen.“ Beim Thema„Steuern sparen“ ist man auch schon mitten in der Nettolohnoptimierung. Was aber bedeutet der Begriff eigentlich genau? „Es ist das Bestreben, Arbeitnehmern mit einfachen Maßnahmen einen höheren Nettolohn zu bieten und idealerweise zugleich die Arbeitgeber bei Steuern und Sozialabgaben zu entlasten“, bringt es Franzka auf den Punkt. Bei den Maßnahmen handelt es sich um eine ganze Reihe von Angeboten in Bereichen wie:
- Familie (Kindergarten-Zuschuss)
- Alters- und Gesundheitsvorsorge (Betriebsrente, betriebliche Krankenversicherung)
- Mobilität (Firmenfahrrad, Fahrtkostenzuschuss)
- Freizeit (Erholungsbeihilfe)
- Digitale Medien (Betriebs-Smartphone)
- Konsum (Gutscheinkarte, Essenszuschüsse)
Nettolohnoptimierung mit Erholungsbeihilfe
Als illustrierendes Beispiel führt Franzka die sogenannte Erholungsbeihilfe an. Viele Arbeitgeber sähen in dieser Maßnahme eine gute Möglichkeit, der Belegschaft ein kleines Dankeschön für ihre Bemühungen zukommen zu lassen. Die Auszahlung der Beihilfe ist einmal pro Kalenderjahr möglich – jeweils drei Monate vor oder nach Urlaubsantritt. Die Beträge kommen Angestellten, deren Ehegatten und ihren Kindern in folgender Höhe zugute: 156 Euro für Arbeitnehmer, 104 Euro für Ehegatten und 52 Euro pro Kind. Die Besteuerung erfolgt dabei pauschal mit 25 Prozent. Außerdem ist die Erholungsbeihilfe sozialversicherungsfrei.
Nicht jede Maßnahme ist für jeden Mitarbeiter geeignet
Es gibt sehr viele Möglichkeiten derartiger Optimierungen, doch bei ihrer Wahl und Umsetzung ist Feingefühl gefragt. „Vor der Einführung raten wir den Verantwortlichen in den Unternehmen immer, zu schauen, was für sie überhaupt in Frage kommt und finanziell machbar ist. Denn diese Zuwendungen sind zwar steuermindernd, kosten dennoch erst einmal Geld. Zudem eignet sich nicht jede Maßnahme für jeden Mitarbeiter: Ein junger, neueingestellter Kollege hat ganz andere Bedürfnisse als der verheiratete Mitarbeiter mit drei Kindern oder die langjährige Beschäftigte kurz vor der Rente“, erklärt Franzka.
Weitere Herausforderungen sind die Grenzen, die die einzelnen Leistungen nicht überschreiten dürfen. Ist man auch nur einen Cent darüber, kann schon die volle Besteuerung fällig sein. Und auch wenn Maßnahmen wie Kindergarten-Zuschüsse theoretisch in voller Höhe steuerlich absetzbar sind: Unternehmer sollten je nach Bedarf deckeln, um die gewährten Leistungen wirtschaftlich zu halten. Außerdem müssen Angestellte über jede Nettolohnoptimierung informiert werden, die Maßnahmen müssen stets lückenlos dokumentiert werden und es darf nicht zu Diskriminierungen innerhalb von Mitarbeitergruppen kommen. „Nettolohnoptimierungen sind letztlich ein sehr komplexes Feld, bei dem Lohnsteuer-, Sozialversicherungs- und Arbeitsrecht aufeinandertreffen“, sagt die Expertin. Gießereibetriebe, die ihre Verhandlungsposition am Arbeitsmarkt über solche Optimierungen verbessern möchten, sollten deshalb immer mit erfahrenen Juristen und Steuerberatern zusammenarbeiten.