Vergleich der Entkernung von 3D-gedruckten und geschossenen, anorganisch gebundenen Kernen im Aluminiumguss

Exklusiv
GP 04/2018

Die Parameter für das Entkernen von Gussteilen im Aluminiumguss werden bisher empirisch ermittelt. Dazu muss aber ein Gussteil vorliegen, sodass zu diesem Zeitpunkt die Prozesskette bereits angelaufen ist. Eine Idealvorstellung wäre es, das Entkernen schon in der Produktentwicklung mit zu berücksichtigen. Hierzu ist es notwendig, das Entkernen als Prozess der gezielten Überlastung des Kernes zu verstehen. Für ein tiefgehendes Verständnis fehlen bisher noch grundlegende Modelle und Methoden. Dieser Beitrag stellt vor, wie systematisch Beobachtungen und Messungengemacht werden können. Zudem werden verschiedene Kernherstellungs verfahren, das Kernschießen und das Kerndrucken, bezüglich der Entkernung, miteinander verglichen. Dies soll es ermöglichen, grundlegende Zusammenhänge leichter aufzudecken, aber auch Hinweise zu finden, wie insgesamt wirksamer entkernt werden kann. Einleitung Anorganische Bindemittel auf Wasserglasbasis stellen beim Entkernen aufgrund des temperaturstabilen Verhaltens eine Herausforderung dar [1]. Dabei nimmt die Festigkeit der Kerne beim Kontakt mit der Schmelze nicht wie bei organischen Bindemitteln ab, sondern auf Grund von Versinterungen zu. Durch das Aufschrumpfen des Gussteils auf den Kern entsteht so ein Spannungszustand, der hohe Kräfte erfordert, um ein Zerfallendes Kernes zu erreichen. Ziel dieser Untersuchung ist es, den Entkernvorgang besser zu verstehen und damit Wege zu einer sinnvollen Parametrierung aufzuzeigen. Stand der Technik Der Prozess des Entkernens wird nach dem Stand der Technik über Laborversuche für jedes Gussteil neu entwickelt. Dabei sind, auch bei organischen Systemen, Erfahrungen die Basis der Arbeiten. Dieses Defizit in der Systematik zieht sich durch bis in die Formkonstruktion. Fragestellung Der Untersuchungsgegenstand dieser Studie ist das Entkernverhalten von geschossenen und gedruckten anorganischen Kernen. Dabei sollen Unterschiede und Ähnlichkeiten aufgezeigt werden. Zusätzlich sollen grundsätzliche Eigenschaften der Kerne in der Diskussion den gesammelten, gemessenen Erkenntnissengegenüber gestellt werden, um die Einflussfaktoren auf makroskopischer Ebene besser zu verstehen. Damit soll es auch möglich werden Empfehlungen für die Entkernung kritischer Geometrien zugeben. Methodik Die Entkernung soll mit einem Standardversucherfasst werden. Dabei wird einrohr förmiger Prüfkörper gegossen, der dann auf einem Teststand einer definierten Schlagbelastung ausgesetzt wird. Dieser Teststand soll es ermöglichen den ersten Anriss des Kernes zu verstehen. Die Gussform für den Versuchskörper wird mit dem Powder-Binder-Jetting 3D-Druckverfahren [2] hergestellt. Das Design sieht dabei vor, dass verschiedene Wandstärken und Öffnungswinkel zur Variation des Spannungszustandes im Kern beim Versuchskörper realisiert werden können. Der Kern selbst wird über zwei Verfahren hergestellt. Zum einen wird der zylindrische Sandkern mit einer Kernschießmaschine von Loramendi Typ SLC2-25L mit beheiztem Kernkasten geschossen. Als Materialsystem kommt ein Quarzsanddes Typs H32 von Quarzwerke und das Inotec Bindesystem von ASK zum Einsatz. Zum anderen werden Kerne gleicher Abmessungen mit einem 3D-Drucker erzeugt. Hier werden ebenso Kerne mit H32 erzeugt, aber auch Kerne mit einem für den 3D-Druck typischen G14-RP-Sand. Als Bindesystem wird das zum Inotec-Systemkorrespondierende ASK-System für den anorganischen 3D-Druck verwendet. Die Formen mit den jeweils eingelegten Kernen werden bei einer Temperatur von 780 °C eingegossen. Als Legierung kommt AlSi10 Mg zum Einsatz. Nach dem Guss werden die Prüfkörper vorsichtig aus der Form gebrochen, um den Kern nichtvorzuschädigen. Die so erhaltenen Prüfkörper werden in  eine Vorrichtung eingespannt. Diese Vorrichtungist steif ausgeführt und mit einer großen Masse verbunden. Über ein Pendel können definiert Belastungen in Form von Schlägen auf den Kern ausgeübt werden. Der Belastungsmechanismus weist einer Fallhöhe von bis zu 30 cm auf und ist für ein Hammergewicht von ca. 500 g geeignet. Somit sind Impulse bis zu 1,5 Joule erzeugbar. Der Bruch wird unter anderem optisch ausgewertet. Dabei werden Risse und das ausgebrochene Volumen beurteilt und quantitativ bewertet. Zudem wird der Aufschlag des Impulshammers mit einem Laser-Doppler-Vibrometer verfolgt. Das Vibrometer des Typs Polytec OFV 3001 misst die Geschwindigkeit an einem Punkt der Probe. Mit den Messdaten kann die Wirkung der Trägheit bei der Einwirkung des Hammers abgeschätzt werden und die Schwingung der Probe verfolgt werden.

Ergebnisse

Das Bruchbild zeigt bei allen untersuchten konventionellen Proben ein wiederkehrendes Schema. Die Probe bricht in der Nähe des Anschlagpunktes. Dieser Bruchbreitet sich über den Kern strahlenartig aus. Bei höherer Einschlagenergie platzt ein kegelförmiges Stück aus der Mitte des Kernes heraus. Dabei bleibt am Rand des Kernes Material zurück, das Risse aufweist,nicht aber durch den Impuls weggeschleuder wird.

Dieses Verhalten tritt ebenso bei den gedruckten Proben auf. Hier ist zudem deutlich die Druckstrategie zu erkennen. Im Randbereich also dem Kontaktbereich mit der Schmelze wird mehr Binder eingedruckt als in der Mitte. Im Bruchbild ist deswegen eine deutliche Kante innerhalb des Kerns zu erkennen. Insgesamt platzt bei gleicher Einschlagenergie ein größerer Anteil des Kerns ab. 

Eine exemplarische Messung mit dem Laservibrometer zeigt, dass der Schlag des Hammers bei rund 15 cm Fallhöhe eine mittlere Beschleunigung von 2 500 m/s²der Probe erzeugt.

Diese Beschleunigung führt unter der Annahme, dass der Formstoff mit maximal 1 N/mm² belastbar ist, theoretisch bereits zum Bruch an der Einschlagstelle durch die Trägheitswirkung des Kernes. Ebenso gibt der Messschrieb die Eigenschwingung und die Dämpfung der Schwingung wieder. Qualitativ ist die Schwingung einer intakten Probe mit Kerndeutlich unterschiedlich zu einer Probe mit gebrochenem Kern und einer entleerten Probe. Dabei bilden sich bei der gebrochenen und der leeren Probe zusätzliche Frequenzen aus, die den Gesamtverlauf deutlich von einer Sinusform abweichen lassen.

Diskussion

Die Messergebnisse zeigen, dass verschiedene Spannungen im Kern für das Verständnis des Bruches zu berücksichtigen sind. Zum Ersten deuten die Verschiebungen in der Eigenfrequenz auf eine erhebliche Radialspannung durch den Prozess der Erstarrung der Schmelze hin. Zum Zweiten belegen die Ergebnisse, dass zumindest bei massiven Kernen unter Impulsbelastung die Spannung durch die Beschleunigung nicht vernachlässigt werden kann. Insgesamt ergibt sich ein mehrachsiger Spannungszustand für den einege eignete Modellierung gefunden werden muss. Zudem ist es notwendig, für diesen Spannungszustand Materialkennwerte zur Berechnung des Versagens zur Verfügung zu stellen. Beide Themen werden im Rahmen von Forschungsprojekten am IGCV untersucht.

Der Vergleich der geschossenen und gedruckten Proben zeigt, dass die Impulse bei gedruckten Proben deutlich wirksamer sind. Diese für die gesamte Entkernung positive Wirkung scheint für das Drucken charakteristisch zu sein und könnte zumeinen auf die geringere Dichte der Kernezurück geführt werden. Dabei würden die Radialspannungen auf Grund der geringeren Steifigkeit geringer ausfallen. Ebenso könnte die Druckstrategie diesen Effekt begünstigen. Da im Kernbereich gezielt weniger Binder eingebracht wird und deshalb weniger Festigkeit gebildet wird, bricht der Kern nicht an der Kontaktstelle zwischen Metall und Kern zuerst, sondern im Inneren. Dies kann für das Entkernen von Vorteil sein.

Diese Beobachtung kann in zukünftigen Versuchen genutzt werden, um den Effekt gezielt zu überhöhen. Beim Kernschießen kann dies durch die Wahl der Prozessparameter beim Drucken über einfache Anpassungen der Bindermengen geschehen. Ebenso ist es möglich, gezielt Strukturen im Kern über das Drucken zu erzeugen, die das initiale Anbrechen des Kernes begünstigen.

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